Kontaktstelle Sattel

 

Beim Radfahren hat der Sattel die Aufgabe, einen großen Teil des Körpergewichts zu tragen. Dabei kommt es zu einer mehr oder weniger großen Druckbelastung am Gesäß. Da Druck durch Kraft / Fläche definiert ist, hängt der Druck vom Körpergewicht, von der Oberkörpervorneigung und von der Größe der Kontaktfläche ab. Grob abgeschätzt trägt der Sattel etwa 60 % des gesamten Körpergewichts. Wird jedoch der Oberkörper weiter nach vorne geneigt, reduziert sich die Belastung am Sattel, aber die Druckbelastung der Hände oder Arme am Lenker (je nach Auflagefläche) wird erhöht.

Unabhängig davon, wieviel Prozent des Körpergewichts von dem Sattel zu tragen sind, ist für die Belastungssituation von Bedeutung, wie sich diese Gesamtbelastung auf der relativ kleinen Sitzfläche des Sattels verteilt. In Abhängigkeit der Anatomie oder auch der jeweiligen Sitzposition kann beispielsweise mehr die Sattelnase oder mehr der hintere Sattelbereich belastet werden. Um diese Belastungsverteilung genauer zu untersuchen, werden Druckmesssysteme eingesetzt.

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Druckmesstechnik

 

Der Kern eines solchen Messsystems ist die Sensorik. Die zu untersuchende Fläche wird mit einer gewissen Anzahl von elektronischen Sensoren ausgestattet. Jeder einzelne Sensor liefert Informationen über die lokale Belastung in der begrenzten Fläche, die er abdeckt. Dabei wird die räumliche Auflösung genauer, wenn die Einzelsensoren klein und dicht zueinander angeordnet sind. Nach der elektronischen Erfassung der Druckwerte und der Weiterverarbeitung durch entsprechende Softwareprogramme kann die Druckverteilung graphisch dargestellt werden.

Die Druckverteilung auf einem Sattel hängt von verschiedenen Faktoren ab. Grundsätzlich hat die Anatomie einen wesentlichen Einfluss auf die Verteilung der Druckpunkte. Dabei ist die knöcherne Struktur des Beckens von entscheidender Bedeutung.

 

Anatomie

 

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Im hinteren Bereich verfügt das Becken über zwei Sitzbeinhöcker, die prominent nach unten hervorstehen. Diese beiden Strukturen erzeugen zwei Druckpunkte im hinteren Bereich des Sattels. Bezüglich des Abstands dieser beiden Knochenstrukturen existieren zum einen deutliche Unterschiede zwischen Frauen und Männern und zum andern auch individuelle Eigenheiten. Von den Sitzbeinhöckern verlaufen die Knochen über die sogenannten Schambeinkufen nach vorne innen, um gemeinsam in das Schambein zu münden. Dieses ist die dritte Lokation, an der auf dem Sattel maximale Druckpunkte auftreten können.

 

Belastungstypen

 

Neben bereits erwähnten anatomischen Eigenschaften des Beckens hat die Sitzposition einen großen Einfluss darauf, ob mehr der vordere Teil des Sattels durch den Schambeinknochen, oder mehr der hintere Teil durch die Sitzbeinhöcker belastet wird. Je sportlicher die Sitzposition ist, desto mehr ist das Becken nach vorne gekippt. In diesem Fall wird von einem Schambeinbelaster gesprochen, wie es beispielsweise in einer Triathlon-Position der Fall ist. Der eher aufrechte Sitztyp im Touren- oder Freizeitbereich wird als Sitzbeinbelaster bezeichnet. Zwischen diesen beiden extremen Positionen existiert noch ein Übergangsbereich. Wenn das Becken nur leicht nach vorne kippt, kann die Hauptlast auf den Schambeinkufen liegen. Dann sind die maximalen Druckpunkte links und rechts im Übergang von der Sattelbasis zur Nase, also an den Kanten im mittleren Sattelbereich. Da versorgende Gefäße wie Blut- und Nervenbahnen in diesem Bereich verlaufen, ist diese Position unter Komfortaspekten zu beachten. Eventuell auftretende Taubheitsgefühle könnten hier ihre Ursache haben. Sitzt ein Fahrer in dieser Übergangsposition, ist es für die Satteleinstellung wenig sinnvoll, den Abstand der Sitzbeinknochen in aufrechter Position zu messen. Entscheidend wäre der Abstand der Schambeinkufen an der Stelle, an der sie in der jeweiligen Position auf dem Sattel Druck erzeugen. Grundsätzlich ist zu sagen, dass diese grobe Einteilung in Belastungstypen immer von mehreren Faktoren abhängt: Neben der individuellen Struktur des Beckens und den muskulären Eigenschaften (zB Verkürzungen) spielt der Einsatzbereich des Rades (Extreme sind Triathlonposition gegenüber Cityrad), die Rahmengeometrie (Länge Oberrohr, Sattelstütze, Vorbaumaße) ebenfalls eine entscheidende Rolle.

 

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Verbesserungsmöglichkeiten

 

Die bisher beschriebenen Einflussfaktoren auf die Druckbelastung auf dem Sattel sind anatomisch oder durch die Sportart, bzw. allgemein durch die Sitzposition, bestimmt und können daher nicht oder nur sehr schwer verändert werden. Anders verhält es sich bei den Parametern Radeinstellung und Sattel. Es ist relativ einfach, durch geringfügige Veränderungen der Radeinstellung das Sitzdruckbild zu beeinflussen. Beispielsweise könnte bei einem Schambeinbelaster der Sattel leicht nach vorne verschoben werden, um eine größere Unterstützung im hinteren Bereich des Sattels zu provozieren, und damit den hohen Druck an der Sattelnase zu reduzieren.

Den insgesamt größten Einfluss kann aber wohl der Wahl des Sattel zugesprochen werden. Hier gibt es am Markt unzählige Varianten bezüglich Form, Material und Härte. Auch existieren verschiedene Philosophien darüber, mit welchen Maßnahmen die optimalen Druckverhältnisse realisiert werden können. Ob Leder, Schaum oder Gel, ob hart oder weich, ob durchgängig, Loch- oder Stufensattel, ob stark oder schwach gedämpft, für alle Varianten gilt, dass die Frage nach dem besten Sattel sehr individuell zu beantworten ist. Das soll nicht bedeuten, dass jeder Radfahrer einen individuellen Maßsattel fahren sollte, sondern dass die speziellen Bedingungen – bzgl. Anatomie, Fahrposition, Fahrstrecken und Fahrzeiten – berücksichtigt werden sollten.

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